Eine Olympia-Bilanz nach 34 Jahren DLV & DVfL
von Lothar Pöhlitz*
Die Olympischen Spiele in Paris waren 2024 anders als gewohnt. Das Fest der Weltbesten, sensationell mit deren Präsentation, mit seiner Organisation und auch sensationell mit der Begeisterung der Millionen Fans bei allen Wettbewerben. Frankreich hat auch sportlich überrascht, das Herz vieler gewonnen. Es war ein friedliches Fest der am besten vorbereiteten, gesunden, mental starken Athletinnen und Athleten dieser Welt. Da spielte es keine Rolle, ob ihre Heimat 15.000 oder 84 Millionen Einwohner zählt. Frankreich hat mit einer Top-Organisation und der Präsenz der Millionen Zuschauer das Gefühl vermittelt, dass der Hochleistungssport in der Welt wieder an Bedeutung gewonnen hat. So sollten Olympische Spiele in Zukunft wieder sein.
Eine Gold-Medaille also für Paris, das tolle französische Team, die Präsentation und die Sicherheit.
Aufgabe und Ziel dieser langjährigen Olympiavorbereitung war es auch 2024 wieder - so liest man es, so wurde es vermittelt, so habe ich es auch gelernt - Olympia-Medaillen zu gewinnen. „Mission GOLD“ haben die Medien im Vorfeld getrommelt. In der Leichtathletik konnten 48 Gold – Silber – Bronze-Medaillen gewonnen werden, dem DLV gelangen nur 4 der 144 Möglichkeiten.
Paris muss uns Lust auf wieder Olympische Spiele machen zunächst erst einmal auf Los Angeles in 4 Jahren
Leichtathletik | Gesamt | Gold | Silber | Bronze |
2021 | 3 | 1 | 2 | 0 |
2024 | 4 | 1 | 2 | 1 |
Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye überraschte mit Olympia-Gold
Fazit: Der neue 4 Jahres - Olympiazyklus muss sofort beginnen
Das verloren gegangene Leistungsprinzip, der auf der Strecke verlorene Schulsport, die Finanzierungsprobleme, Trainerdefizite, Talentsichtung und Ausbildung, haben in den letzten Jahren zur Negativberichterstattung beigetragen und im Mittelpunkt der Berichterstattungen stand permanent Fußball, Fußball, Fußball. Der Sport aber braucht positiven, unterstützenden Journalismus. Zwischenzeitlich rauschten in dessen Transferperiode die 50, 60 und 70 Millionen pro „Fußball-Star“ und Transfers zwischen 200-500 Millionen Euro locker durchs Netz. Mal ehrlich, wie arm ist dagegen die Leichtathletik, auch weil sich die Großsponsoren früherer Jahre von der olympischen Kernsportart Nummer 1 abgewendet haben. Am Tag eins nach Olympia schon wurde spürbar wieder auf Fußball umgeschaltet.
Auch olympischer Hochleistungssport erfordert professionellen Leistungssport von Voll-Profis, Profi-Trainern täglich vor Ort und professionelle Team-Begleitung im Heim- und Kadertraining. Viele Athlet/innen wünschten sich dafür mehr Anerkennung und Respekt gegenüber „unseren“ Trainern und eine positive Begleitung durch die Medien.
Dass über die Mehrzahl der Olympia-Sportarten in den Jahren kaum berichtet wurde, merkte man an den Begleit-Kommentaren. Aber wenigstens hat sich die Medienwelt bemüht, die vielen, auch für sie offensichtlich „unbekannten Sportler und Sportarten“ vorzustellen und zu erklären.
Ihnen ist sicher auch aufgefallen, wie Millionen begeisterte Fans in den verschiedenen Sportarten die Arenen füllten, jubelten und motivierten. Für Sprinterin Lückenkemper (BL: 100 m: 10,95 s aus dem Jahre 2017 - 2024 kein Finale) war das allerdings zu laut, sie „brauchte deshalb sogar eine Psychologin für ihr Halbfinale“. Am Ende hat sie sich auch diesmal wieder hinter einer 4x100m-Staffel-Bronzemedaille versteckt. Die deutschen Kurzsprintdisziplinen bis 400m der Frauen sind längst keine Weltspitze mehr.
Eingedenk der tollen französischen Team-Präsentation müsste das doch nicht sein, dass sich Journalisten immer wieder durch Negativ-Berichterstattungen übertreffen. Aus Paris ständig über den „Ekel-Fluss-Seine“, über „zu wenig Eier im Olympischen Dorf“, über die Doping-Chinesen, die trotz Kontrollen Weltrekorde schwimmen und 91 Medaillen gewinnen zu berichten, scheint mir der falsche Ansatz zu sein. Der Staffel-Eklat im 4x400m Mixed-Staffelteam nach „einstimmiger Nominierung“ durch ein 5 Personen-Trainerteam, wohl auch „Miss Olympia, unsere Alica“, wie sie BILD nannte sollten doch eher Randnotiz bleiben. Auch die „männliche Boxerin“ mit zu viel Schlagkraft und Testosteron“, das Müller-Foto größer als sein „Pferd Checker“, sowie der Pocher, der sicher inzwischen auch „Ihnen“ auf den Keks geht, bis zum Schreck-Moment als die ARD beim 5:5 im Kerber-Tennis-Krimi zurück zu den Tagesthemen schaltete, sind sicher keine journalistischen Glanzwerke, aber leider ein Spiegelbild der derzeitigen Betrachtung im Allgemeinen. Beim Fußball auf allen TV-Sendern über das Jahr haben es die Journalisten natürlich leichter. Alle sehen, wer Schuld trägt. Da sind am Ende 1:0 die Sieger - 0:1 die Verlierer.
Es war schon außergewöhnlich, wenn gleich zwei Olympioniken wie US-100-Meter-Olympiasieger Noah Lyles und Silber-Weitspringerin Malaika Mihambo nach ihren grenzwertigen Wettkämpfen mit Medaillen (wie schon einmal vor 2 Jahren in München) erschöpft, mit Tränen, im Rollstuhl aus dem Stadion gefahren werden müssen. Sauerstoffmangel – Corona - krank? Da schießen die Spekulationen ins Kraut, obwohl keiner die wahren Ursachen so schnell wissen kann. Die verantwortlichen Ärzte kamen erst einmal nicht zu Wort. Nachwirkungen von Corona-Infektionen, andere gesundheitliche Ursachen oder psycho-physische Nachbelastungsreaktionen. Da ist Vorsicht geboten, das Leben „danach“ soll noch lang sein. Wir wurden schon im Sportstudium auf die Trainerverantwortung im Leistungstraining hingewiesen.
62 Nationen gewannen in Paris Gold
Deutschland hat nach dem dritten Platz und 82 Medaillen 1992 in Barcelona, 2021 in Tokyo 37 Medaillen (10-11-16), in Paris 2024 33 Medaillen (12 -13 - 8) gewonnen und sich auf Rang 10 platziert.
Dabei verwiesen so manche darauf, dass ohne Pferde, ohne das Reiten, vergleichbar mit dem Rodeln im Wintersport, wir im Medaillenspiegel nur noch drittklassig wären. Man muss der SPD-Sportministerin Faeser energisch widersprechen, wenn sie meint „Deutschland ist eine Sportnation“ (BILD 1.8.24).
Olympia lieferte den Beweis: Deutschland war mal eine Sport-Nation. Die aktuellen Sport-Nationen sind die USA, China, Japan, Australien, Frankreich, die Niederlande, Großbritannien und Italien. Dabei hat Frankreich unerwartet Erstaunliches geleistet.
In den 12 Mittel- und Langstrecken-Disziplinen der Frauen und Männer wurden von deutschen Athleten/Innen keine Medaillen gewonnen
Zurückblicken bringt wenig. Wir sollten in den Läufen nicht länger über Halbfinalteilnahmen jubeln und nicht übersehen, dass über 800m, 5.000m und 10.000m der Männer und 10.000m der Frauen kein/e deutsche/r Läufer/in am Start stand. Team D hat hier schon längst den Anschluss verloren. Keiner der 3 Hindernisläufer erreichte das Finale, 30 Läuferinnen waren über 5.000m in den beiden Halbfinals schneller als Hanna Klein.
Nur drei Beispiele sollen an dieser Stelle an die Leistungsverdichtung in den letzten Jahren hinweisen. Über 1.500m der Frauen liefen nach der Siegerin (3:51,29min) die ersten Neun unter vier Minuten, über 1.500m der Männer hinter dem Sieger Hocker (USA - 3:27,65min) weitere 6 unter 3:30 Minuten, im 3000m Hindernislauf der Frauen die ersten fünf Athletinnen zwischen 8:52,76 – 9:00,83 Minuten.
Deutschlands-Leichtathletik braucht nicht nur Geld aus Wohlstand und Wirtschaftskraft, sondern auch wieder Ansprüche für Olympia, das „Außergewöhnliche“ und für „schneller, weiter, stärker“. Vielleicht helfen auch die Medien wieder. Dafür braucht man neues Fach-Personal, eine Kehrtwende in der Sportberichterstattung, Wissen, Wollen, Hintergrundinformationen und die Bereitschaft, aus dem Tief herauszuwollen, wenn die Olympischen Spiele 2040 tatsächlich nach Deutschland holen will. Derzeit ist uns die Welt enteilt.
Deutschlands Leichtathletik Medaillen-Bilanz im weltweiten Ranking
Nation | Gesamt | Gold | Silber | Bronze |
USA | 34 | 14 | 11 | 9 |
Kenia | 11 | 4 | 2 | 5 |
GBR | 10 | 1 | 4 | 5 |
Australien | 7 | 1 | 2 | 4 |
Niederlande | 6 | 2 | 1 | 3 |
Jamaika | 6 | 1 | 3 | 2 |
Canada | 5 | 3 | 1 | 1 |
Spanien | 4 | 2 | 1 | 1 |
Äthiopien | 4 | 1 | 3 | 0 |
Germany | 4 | 1 | 2 | 1 |
Dr. Bügner neuer Sport-Chef und Sprecher des DLV, hoffte für die Leichtathletik nach der medaillenlosen WM 2023 auf einen "kleinen Trendwechsel, auf positive Ausreißer. Das Team ist gut drauf, alle auf den Punkt fit. Wir werden Medaillen gewinnen".
In Paris haben dann 79 Nominierte 4 Medaillen erkämpft
* Gold im Kugelstoß Frauen: Yemisi Ogunleye
• Silber im Weitsprung: Malaika Mihambo
• Silber im Zehnkampf: Leo Neugebauer
• Bronze 4 x 100 m Frauen
Bei den olympischen Spielen konnte man aber auch sehen, was die 16-18jährigen Mädchen im Turnen oder auch in anderen Sportarten geleistet haben. Wer nicht bald in den Kinder- Jugend-, Leistungs- und Hochleistungssport investiert, Talente und Trainer ausbildet, bekommt die Quittung, ist immer weniger konkurrenzfähig. Mit weniger guten Leistungen schwindet das Interesse bei Zuschauern, beim Nachwuchs, dem Schulsport und auch bei den Medien.
Wem in verantwortlichen Funktionärskreisen diese Niederlagen in Paris 2024 nicht wehtun, nun noch länger die Umkehr verweigert, sollte freiwillig gehen. Mal ehrlich, die Verantwortlichen der letzten Jahre haben es nicht gekonnt, u.a. Talente wie Alina Reh, Christina Hering, Katharina Trost, Marc Reuter, Miriam Dattke, Verena Meisl, Konstanze Klosterhalfen, Mohamed Abdilaahi, Sam Parsons, Christin Hussong, Max Dehning, Johannes Vetter und viel zu viele U18/U20-Talente aus dem Nachwuchsleistungstraining in den letzten 4 Jahren nicht zu Olympia oder in den Olympia-Medaillenbereich geführt. Das liegt am allerwenigsten an den Athleten/Innen selbst, deren Heimatvereine und deren persönlichen Heimtrainern. Das liegt vor allem an den fehlenden Hochleistungsstrukturen und deren Zubringerstrukturen in Deutschland.
Auf dem Weg zu Olympia 2028 nun immer wieder p.B.
Olivia Gürth (9:16,47) und Majtje Kolberg (1:58,52) sind mit ihren p.B. beim Höhepunkt auf dem besten Wege zu den Olympischen Spielen 2028, hoffentlich auch unter professionellen Bedingungen. „Sie haben als Jungunternehmer im Laufen“ einen tollen Eindruck hinterlassen, sehr gute Leistungen abgeliefert. Sie sollten aber zuerst noch einmal die Ergebnisdichten ihrer Disziplinen studieren und davon ihre Aufgaben für ihre Ziele ableiten. Allein 2024 waren 30 Läuferinnen in der Welt über 800m schneller als Majtje Kolbergs 1:58,56 und 20 schneller als die 9:16.47 von Olivia Gürth.
Nach ihrer tollen Steigerung im 3000m Hindernisfinale auf 9:09,59 in die Top-Ten will auch Lea Meyer mehr. Die lange überfälligen Leistungen unter 9 Minuten (im Finale 8;52,76 - 8:53,34 – 8:55,15 - 8:58,67 - 9:00,83) erfordern neue Hindernis-Denk- und Trainingsmaßstäbe. Das gilt gleichermaßen für die Männer über 1.500m, wenn man die Platzierungen der 6 Ersten zwischen 3:27,65 und 3:29,54 Minuten sieht. Die notwendigen Geschwindigkeiten für schnellere Fortschritte sind zu überdenken. Man muss auf eine schnelle erste Runde (1500m Frauen 59,23“) oder letzte Runde (Männer 5000m in 53“) vorbereitet sein. Mit 1:41,67 bekam der Vierte über 800m der Männer keine Medaille.
Also auf geht´s! Da reicht in Zukunft für alle Läufe nicht nur mehr Frequenz in den Finals, auf den Zielgeraden, da muss man vor allem in den Mittelabschnitten beispielsweise zwischen 400-600m nach 55-57“ im 800m-Lauf der Frauen bzw. im Hindernislauf zwischen 1.000m – 2.000m für das unter 9 Minuten-Tempo im Vorderfeld mitlaufen können, bevor der Endspurt für die p.B. oder die Medaille beginnt.
Die Ergebnisse der Olympischen Leichtathletik des DLV lügen nicht. Das Doping der Chinesen ist nicht der Grund, dass Länder wie Japan, Australien, Frankreich, die Niederlande, Großbritannien, Italien im Abschluss-Olympia-Medaillenspiegel vor Germany rangieren.
„Die Staffel-Stabübergabe an eine neue Generation ist der beste Weg nach vorn“ (Joe Biden 2024)
Paris 2024 hat gezeigt, wenn die Regierung ihre Führungsverantwortung gegenüber ihren Bundesministerien weiterhin nicht wahrnimmt, das notwendige Geld für Bedingungen und Personal nicht bereitstellt, wird es keine Sportwende und damit auch keinen Wiederaufstieg in der Leichtathletik geben - nicht im Kinder- und Schulsport, nicht im Jugend-Sport in den Vereinen und Sportschulen, nicht im Nachwuchsleistungssport und nicht im Hochleistungssport.
Paris 2024 hat auch zeigt, dass für die angedachte deutsche Bewerbung um die Durchführung Olympischer Spiele 2040 radikale Veränderungen notwendig sind, ein Neuanfang, Milliarden-Investitionen in die marode Substanz, neues starkes Führungspersonal, „Arbeitskräfte“ und Trainer-Sportlehrer-Fachpersonal. Täglicher Kindersport in Schulen und Vereinen, Talentsichtungen auf breiter Front, Kinder-Trainingszentren, arbeitsfähige Bundesleistungsstützpunkte, Sportschulen die Talente im Sport „ausbilden“, in denen die Besten auch trainieren. Dafür braucht es die notwendigen Rahmenbedingen mit Sportlehrer/innen, Nachwuchs- und Spitzentrainer/innen, die in optimalen Arbeitsbedingungen mit Teambegleitung unsere Kinder und Jugendlichen täglich bewegen. Man stelle sich vor, unsere Sportler sind beim „Heimspiel“ 2040 nicht konkurrenzfähig und die Millionen Fans dieser Welt bejubeln die Siege und Medaillen anderer Länder.
Die gesellschaftliche Verantwortung für einen neuen Kinder- und Schulsport hat die Regierung. Die Verantwortlichen müssen endlich handeln.
„Gemeinsam wollen“ wäre die Vorbildaufgabe für die Medien und auch für „A l l e“ im DLV und in den Landesverbänden. Nicht länger schönzureden, die Ergebnisse zu kritisieren, an der Basis helfen und besser machen, verändern. Sie wissen, wenn ein Kreuzfahrschiff kentert, wird zuerst der Kapitän entlassen.
Für alle Läuferinnen und Läufer gilt: Glaube an Dich, Deine Mentalität, Deine Bereitschaft im Training besser werden zu wollen. Was man für sich nicht tut, andere tun es nicht für Dich. „Außergewöhnliche“ brauchen für große Siege auch das dafür programmierte Gehirn. Das „Wunderwerk Körper“ muss gesund, top vorbereitet, am Tag X perfekt funktionieren, dann ist man ein Leben lang Olympiasieger.
Die Berichte vom Leben und Training in den US-Colleges und Universitäten sagen, was unter Hochleistungstrainingsbedingungen zu verstehen ist.
LEICHTATHLETIK – OLYMPIA-MEDAILLEN 1992 – 2024
Das ist die ungeschönte Bilanz:
Barcelona 1992 | 10 | 4 | 1 | 5 |
Atlanta 1996 | 7 | 3 | 1 | 3 |
Sydney 2000 | 5 | 2 | 1 | 2 |
Athen 2004 | 2 | 0 | 2 | 0 |
Peking 2008 | 1 | 0 | 1 | 0 |
London 2012 | 8 | 1 | 5 | 2 |
Rio de Janeiro 2016 | 3 | 2 | 0 | 1 |
Tokyo 2021 | 3 | 1 | 2 | 0 |
Paris 2024 | 4 | 1 | 2 | 1 |
Ein Abstieg in 4 Jahres- Olympiazyklen nach 34 Jahren Deutsche Einheit
Natürlich war das sportliche Erbe 1990 / 1992, nach 40 Jahren „Klassenkampf“ und Abgrenzung, keine leichte Hypothek, vor allem für den Hochleistungssport, die Trainer und Sportler der DDR: Stasi weg, Westgeld, Bananen, West-Autos, die Grenzen endlich offen, neue Freunde, reden dürfen, neue Verkehrswege, neue Straßen und der Dieselpreis bei 101,7 Cent. Aber auch die Doping-Keule, die für Jahre am Sport im Osten Zweifel säte und ein falsches Bild zeichnete, der Abbau der Strukturen, der Investitionen, die Abwanderung vieler Trainer/Innen ins Ausland waren schleichende „Krebsgeschwüre“. Zuerst: herrschte lange Euphorie bei den „Brüdern und Schwestern im Osten“ bevor sie, unter dem Niedergang „ihrer Sport-Leistungs-Zentren und der Infrastruktur“ litten. Aber Deutschland braucht vieles davon wieder.
Der DLV muss für a l l e gleichermaßen Verantwortung übernehmen. Vielleicht wären 4 DLV- Koordinatoren im „Range von Bundestrainer/innen“ für die Regionen Nord – West – Ost – Süd eine hilfreiche Lösung zur Nutzung der inzwischen wieder aufstrebenden Leichtathletik „im Osten“.
Barcelona 1992 - 4 Olympiasieger - 4x Gold - 1x Silber - 5x Bronze
Und Platz 3 in der Welt, waren das sportliche Fazit einer bis dahin nicht vorstellbaren gemeinsamen deutschen Mannschaft. Dieter Baumann, Heike Henkel, Heike Drechsler und Silke Renk gewannen Gold. Die Gefühle waren nicht zu beschreiben, sie durften plötzlich miteinander reden, zusammen für Deutschland kämpfen, essen gehen, sich besuchen, feiern.
Auch 2028 – 2032 – 2036 – 2040 sind wieder Olympische Spiele
Auch die letzten vier Jahre dieser Olympiavorbereitung auf Paris haben keine Wende gebracht, weiterhin folgte Stagnation. Selbst der „Neue“, Dr. Bügner nach 4 Jahren unter Annette Stein und das sehr lange Überleben des Idriss Gonschinska als DLV-Chef (Trainer – Chef-Trainer - leitender Direktor Sport - Generaldirektor – seit 2021 Vorstandsvorsitzender), dazu sehr viele Mitarbeiter in der Zentrale in Darmstadt und der Trainer-Akademie, bewegten wenig. Nicht einmal das Kinder- und Jugendtraining und Wettkampfsystem in den LV haben sie „revolutioniert“. Von einer Arbeit mit den Medien ganz zu schweigen.
Die Hoffnung, dass trotz der zwei unterschiedlichen Periodisierung-Systeme zwischen den USA und BRD, Lückenkemper, Bartelsmeyer, Klosterhalfen, Parsons blieben in den Einzeldisziplinen weiterhin ohne Medaillen. Die Nachwuchs-Wanderung in die USA wird zum Tsunami und führt zur deutschen U23-Frustration und Disziplinverödung. Nur die Silbermedaille von Zehnkämpfer Neugebauer, von dessen Rekordleistung „zur falschen Jahreszeit“ der DLV offensichtlich überrascht wurde, durften die nationalen „Stroh-Bundestrainer“ 2024 mitfeiern.
Medaillen bei Olympia 2028/2032/2036 müssen Läuferziele sein
A l l e sind an den Ergebnissen ab sofort beteiligt. Kinder-, Jugend- und Nachwuchsleistungstraining liegt in der Verantwortung des DLV, der LV, der Vereine, der Eliteschulen des Sports. Ohne ausreichende Bedingungen für 25-30 Stunden Training pro Woche, Monate in Trainingscamps, genügend Geld für das notwendige professionelle Hochleistungstraining, haben Deutschlands Läufer/Innen keine Chancen gegen die Weltbesten bei den nächsten Olympischen Spielen.
„Es wird mehr als zehn Jahre Arbeit mit Kindern, einschließlich der Talentfindung und Ausbildung von „Außergewöhnlichen“ und Trainer/innen brauchen, die in Vereinen und den Spezialschulen für Sport auf die Athletik-, Kraft- und Beweglichkeits-Anforderungen des Nachwuchsleistungstraining vorbereitet werden. Die Schwierigkeit dabei wird darin bestehen, dass das Qualitätsangebot Begabter, nach den Versäumnissen der letzten Jahrzehnte, nicht besonders hoch ist. Auch da gilt es dringend nachzuarbeiten.
Zuerst müssen unsere Kinder bewegt werden damit die Grundversorgung des Organismus mit mehr Sauerstoff im Blut zu den Organen, Herzen und Lungen, in den Leitungen dahin und zur Peripherie später die notwendigen Belastungen ermöglichen. Auch die Füße, das Zentrum und der Oberkörper müssen belastbar sein. Die Vergangenheit hat aber auch gezeigt, dass der Vergleich in der Regel unterschiedlicher Talente, dass ein überschwängliches, zu frühes Lob nach einer U18 / U20 EM / WM nicht hilft. Man muss sie fördern und fordern und sie beweisen lassen, dass sie ganz nach oben wollen.
Wer übernimmt die Führung?
Wege zum Weltniveau erfordern mehr Trainingszeit unter professionellen und besten Bedingungen, für die vom Verband nominierten „Außergewöhnlichen“ mit Charakter, Mentalität, und speziellen Willensqualitäten für ihre Disziplin. Die aber müssen erst einmal gefunden werden bevor sie ihren Profi-Trainern vertrauen können, in Trainingslehrgängen mit Gleichstarken neue Maßstäbe anstreben, um dann in offensiv gestalteten Rennserien einer Doppel- oder Dreifach-Periodisierung (3 MAZ - VP i / VP II / UWV) ihr Selbstbewusstsein für die Höhepunkte zu stärken. Durch Anpassung in diesen Etappen an immer höhere reizwirksamere Belastungen können so die Reserven für die Leistungsentwicklung erschlossen werden. Dabei sollte nach 3, 4 oder 5 Trainingsmonaten in bisher oft vermissten Unterdistanzrennen, z.B. in der Hallensaison, schon ihre neue Leistungszielgeschwindigkeit des Jahres möglich sein. Das Problem dabei ist, dass vielerorts dafür die herausragenden Trainingsstätten bzw. LA-Hallen fehlen.
Eine individuell neue Qualität im Trainingsumfang für das Wunderwerk Organismus ist in den nächsten Jahren die Grundlage.
Aus der Sicht zukünftig internationaler Konkurrenzfähigkeit am Beispiel 1992 Barcelona sind aktuell vor allem zwei Schwerpunktaufgaben vorrangig:
1. Talentfindung und Ausbildung
Die Bundestrainer U16 / U18 / U20 organisieren zusammen mit den Abt. Leistungssport der Landesverbände ein Nachwuchs- Sichtungs- und Ausbildungsprogramm für Kinder- und Nachwuchsleistungszentren in den LVs. Mehr Bewegung macht die Talentfindung leichter. Im organisierten Basics-Training in den Vereinen und in den Sportschulen der Länder sollten sie sich auf die Zukunft und auf ein neues Wettkampf-System vorbereiten. Vielleicht so:
Nachwuchsathleten/innen in den 16 Landesverbänden qualifizieren sich in jährlichen Qualifikationswettkämpfen der 10/11 – 12 – 13 – 14jährige Mädchen und Jungen in den Disziplinen 60m – 300m – 600m – 1.000m für ein vom DLV organisiertes Finale (verantwortl. Bundestrainer U18 / U20 und LV), in dem die je 32 „Besten Deutschlands in den Altersstufen“ um den Titel z.B. Beste/r 600m U12 / 2025 kämpfen.
2. Auswahl der Besten
Die größten Talente werden in Verantwortung des DLV und fähigen Bundestrainer/innen gemeinsam mit den Heimtrainer/Innen auf die jährlichen Wettkampfhöhepunkte vorbereitet. Im Sinne einer möglichen Perspektive schon für 2028/2032 müsste man sich besonders bemühen. Dafür sollte eine Teambildung für Mittelstrecken-, Langstrecken und Marathon / Straßenlauf erfolgen und die Teambegleitung mit Bundestrainern, IAT, Ärzten, Physiotherapeuten, Psychologen, Ernährungswissenschaftler erfolgen, die für den Gültigkeitszeitraum eines jeweiligen „Olympiazyklus“ verpflichtet werden.
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*Lothar Pöhlitz – Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport / Sportwissenschaftler / Trainer – Verbandstrainer-Nachwuchs, Cheftrainer, Leiter des Wissenschaftlichen Zentrums für Lauf-Trainingsmethodik im DVfL der DDR / 18 Jahre DLV-Bundestrainer – Mittelstrecke, Langstrecke, Marathon / zuletzt Teamleiter Marathon / Straßenlauf / 3x Olympia-Trainer für Deutschland / 4 Lauf-Fachbücher