Johanna Martin - Robert Farken - Karl Bebendorf – Max Heß - Robin Müller….
Ein Rück- und Ausblick von Lothar Pöhlitz*
35 Jahre nach den versprochenen blühenden Landschaften im Osten, auch im Sport, geht der Weg bergan. Nach den „Ossis und Wessis“, der West-Ost-Differenzierung, ist nun Zeit nur noch von „Germany oder Deutschland“ zu reden und gemeinsam, wie 1992 in Barcelona, um Schwarz-Rot-Gold, auf den ganz hohen Podien zu kämpfen. Sie sind im Aufbruch, besonders in den „Läufen“ wurden sie in den letzten Wochen gefeiert, nicht nur Karl Bebendorf oder Johanna Martin.
Die Vorbilder werden wirken, in den Landesverbänden die Überzeugung wachsen, das auch sie wieder Sieger können. Für die Sportarten übernimmt dann, nicht nur bei Olympiamannschaften, der DOSB die Führung, für die Sportentwicklung ihrer Länder auch die Ministerpräsidenten, ihre Sportminister und Landes-Chefs, für die Leichtathletik der DLV und seine Landesverbände.
Erfreulich, dass sich Johanna Martin - Robert Farken - Karl Bebendorf – Max Heß - Robin Müller - Andor Schumann - Lia Flotow - Amira Never 2025 mit ihren Coaches, mit Top-Leistungen auf den vorderen Plätzen der Bestenlisten festgesetzt haben. Der Weg ist bereitet, es wurde erfolgreich gearbeitet, die Vorbilder werden wirken, es sollen ja bald noch mehr sein. Es gibt natürlich noch viel zu tun bis Olympia 2040. Trainer fehlen, die die Erfahrungen im Leistungsaufbau der Weltbesten, die 25-30 Wochenstunden auch im Höhentraining vermitteln, weil nur besseres Training Talente besser macht.
Stimmung, Spaß und eine Goldmedaille für die Leichtathletik-Fans bei den DM in Dresden 2025
Dresden hat im „neuen“ Heinz Steyer-Stadion der Leichtathletik bei den Deutschen Meisterschaften 2025 eine perfekte Bühne geboten, davon wird nicht nur in den 5 Ländern mehr gebraucht. „Bei den Finals 2025“ kämpften rund 3400 Athleten in 20 Sportarten um 133 deutsche Meistertitel. Bereits bei den 5000m Finals der Frauen und Männer am Freitag-Abend hatten die begeisterten Zuschauer bei Top-Lauf-Wetter einen wesentlichen Anteil an den gebotenen Leistungen der erfreulich großen Starterfelder. Am Ende boten die Frauen Lea Meyer, Elena Burkhard, Konstanze Klosterhalfen und auch Blanka Dörfel als Vierte, sowie Abdollah Mohamedi, Florian Bremm und Maximilian Thorwarth bei den Männern, den Leichtathletik-Fans Meisterschaftsrennen, die sie verdienten. Dass Karl Bebendorf seinen Fans einen solchen Sieg gegen Frederik Ruppert in seinem zu Hause präsentierte, war ein besonders großes Geschenk für das Publikum und wird für den Nachwuchs der Region Vorbild sein.
Eine Vorbild-Veranstaltung für demnächst nicht nur für die 5 Länder, die noch schneller voran helfen würde, wäre beispielsweise der Schweizer UBS-Kids-Talent-Cup, der inzwischen schon seit 2011 regelmäßig immer besser organisiert, den Schweizer Aufstieg begründet, ein tolles Vorbild für die dringend erforderliche Talentfindung und Ausbildung von Meck-Pom bis Thüringen.
Das Suisse-Motto
Wer in der Leichtathletik Weltklasse werden will, darf nicht aufhören, besser zu werden.
Es ist 35 Jahre nach der Einheit auch Zeit für ein paar offene Worte über Vergangenheit und Zukunft, über Bildung und Schulsport als Grundlage für eine Rückkehr zu Germany´s einstiger Leistungsfähigkeit. Wir sind noch nicht über den Berg. Dresden 2025 war top, aber meist zu weit weg vom Weltniveau. Die Weltmeisterschaften Mitte September in Tokyo werden das Arbeitsergebnis nach Paris 2024 zeigen.
Es muss mehr um das ehemalige Sportland-Germany bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen gehen. Am besten „selbst ist der Mann oder die Frau“ der 16 Länder. In der Fußball-Bundesliga siegen inzwischen immer mehr Ausländer für die deutschen Vereine, in der DLV-Nationalmannschaft fehlen die einheimischen „Außergewöhnlichen“ in der Leichtathletik. Da fragen mich viele, warum es seit Jahren immer mehr unserer Talente in die Colleges der USA zieht und sie dann zu Hause erfolgreich sind, wie beispielsweise „die unbekannte“ Deutsche Meisterin Smilla Kolbe über 800m bei den Frauen.
Viele wissen, dass ich „Leistungssport in Leipzig studiert“ habe, bis 1979 auch „Ossi-Trainer, Cheftrainer und 9 Jahre Leiter Trainingsmethodik Lauf im „WZ“ war, gehen „musste“, nicht wollte, weil ich Trainer bleiben und nicht wie von ihnen gefordert, 1 Jahr in der SED-Partei-Schule zu „studieren hätte“. Das ist mir glücklicherweise ab 1980 im Westen gelungen. Trotzdem habe ich nie das Interesse an unserer Heimat verloren, in der meine Familie 44 Jahre gelebt hat, ich erzogen und gebildet wurde, Vorteile und im Leistungssport Erfolge, hatte. Natürlich wussten „alle“, dass der Aufbau des Ost-Leistungssports und die Ausbildung der vielen guten Trainer seit den 50iger Jahren viel Geld kostete, aber für die Siege des Sozialismus / Kommunismus über den Kapitalismus Ziel waren.
Inzwischen wissen alle, dass nicht nur in der DDR gedopt wurde. Was aber sollten sie machen. Sie wussten, dass es die anderen in der Welt auch „machten“. Sie trainierten für Medaillen, Ehrungen, Vorteile, eine Wohnung, „Reisen in den Westen“, Olympia. Immer ärmer im Lande, bis zum Ende 1990 im Vergleich zu Westdeutschland, ging es denen im Leistungssport persönlich bei guten Arbeitsergebnissen eigentlich gut, auch wenn 125 Gramm Kaffee 8,50 Ostmark kostete, wie heute 500 Gramm in Deutschland, Bier unsauber und die Bananen selten waren. Obwohl wir uns eingerichtet hatten, wussten wir durch Reisen ins KAP (Kapitalistisches Ausland) genau, was so in der Welt geschah.
Nachdem sie 1990 die Schranken „zum Klassenfeind hin“ hochgemacht, die Massen sich von ihrem Regime und der „Stasi allüberall“ befreit hatten, Millionen gezeigt haben, was sie eigentlich hinter den Gardinen dachten, die erhoffte Freiheit auf den Straßen erkämpft hatten, lies das Westinteresse an den jahrelang hartnäckigen Gegner, vor allem auch im Sport, unerwartet schnell nach. Warum hat man sie mit den neuen Errungenschaften, der Treuhand, der D-Mark, der Reisefreiheit, den Bananen, West-Kaffee, den versprochenen blühenden Landschaften, dem Leistungssport-Abbau und den Trabbi-Tausch gegen die preiswerten Gebrauchtwagen allein gelassen. Die Mehrzahl wusste doch gar nicht, wie der Westen funktioniert. Die versprochenen blühenden Landschaften aber haben die von drüben geschickten, wohl oft zweitklassigen Beamten, leider nicht gegossen.
Inzwischen ist der Neuanfang auch im Sport wohl in Gang gekommen. Was in Dresden Anfang August „passierte“, wird ihnen Mut machen. Sicher erinnert man sich auch wie es geht, junge Trainer haben das Erbe übernommen. Nun müssen aber die noch zu wenigen „blühenden Pflanzen“ auch von denen vor Ort gepflegt und gegossen werden. Die Erfahrung haben sie gemacht, mit den Hilfen von drüben ist es so eine Sache. Kinder- und Jugendsportschulen müssen leistungsorientiert arbeiten und Wettkämpfe wie die Dresden- und Dessau-Events motivieren, Vorbilder für mehr sein.
Die Trainer von Johanna Martin - Robert Farken - Karl Bebendorf – Max Heß - Robin Müller und Andor Schumann, Sohn von 800m-Olympiasieger Nils Schumann, machten einheimisches Lauf-Talentpotential zu bekannten Siegern, über Rostock, Dresden, Erfurt, Chemnitz und Leipzig hinaus. Ich hoffe die anderen werden folgen. Sie werden bis 2040 dringend gebraucht.
Natürlich war es für die Insider des Hochleistungssports im Osten und ihren stolzen Leichtathletik-Fans nach dem Mauerfall 1990 ein Schock, dass „der Westen“ die über Jahrzehnte aufgebauten besonderen Hochleistungssport-Bedingungen, wie z.B. den „Fuchsbau für das Höhentraining“ im Wald unter der Erde der Sportschule Kienbaum, die 14 Sportclubs als Leistungszentren für die olympische Leichtathletik mit ihren KJS, deren über 300 hauptamtliche Trainer, die sportmedizinischen Zentren bei den Sportclubs, die Trainerausbildung an der DHfK Leipzig, alles in 40 Jahren „gegen den Kapitalismus“ aufgebaut, nicht mehr haben wollte.
Dabei war das von den Russen bis 1990 dirigierte „kleine“ Ostdeutschland mit nur 108 Tausend Quadratkilometern und 16,4 Millionen Einwohnern gegenüber dem Westreich mit 250 tausend Q-km / 61,8 Millionen weit weniger groß als das der Brüder und Schwestern. Dem Westen hatten in den 50iger/60iger Jahren die geflüchteten Ost-Mittelständler kräftig beim Aufstieg unter die Arme gegriffen. Die Sozialismus-Verluste, der Abstieg in den Jahren war gewaltig, natürlich auch für die, die als erfolgreiche Spitzenathleten, als Trainer, Sportwissenschaftler, Ärzte und das Personal für ihr Land, in dem sie geboren, aufgewachsen und im Sinne des Staates erzogen wurden, dort „Dienst taten“. Sie arbeiteten für um die 1200-1400 Ost-Mark als das normale Trainergehalt im Leistungssport.
Dabei trainierte Ost und West Jahrzehnte „streng geheim“ getrennt, aber unterschiedlich organisiert, unter „gleichen Bedingungen“. Olympiamedaillen waren und sind das Ergebnis von Team-Arbeit, Organisation, Geheimnissen, Kampf, Wissenschaft, Geld und Erkenntnissen des Fachpersonals in den Jahren vor und nach der deutschen Einheit.
Der Hochleistungssport der DDR, die in 40 Jahren geschaffenen Grundlagen für Olympische Erfolge, wurden „abgeschafft“, das Fach-Personal zum größten Teil ins Ausland „entlassen“, gern ehrenamtlich als Übungsleiter weiterbeschäftigt oder in den sportlichen Ruhestand versetzt. 1992 durften – auch die „Dopingbelasten“ aus Ost und West – alle noch einmal gemeinsam bei den Olympischen Spielen in Barcelona für Germany das einmalige Ergebnis von 82 Medaillen (33 x Gold / 21 x Silber / 28 x Bronze) und einen tollen 3.Platz unter den Weltbesten erkämpfen. 33 Jahre später war Germany bei Olympia in Paris 10.ter mit nur 33 Medaillen und 12 x G – 13 x S – 8 x Bronze. Der DLV ist in dieser Zeit abgestiegen. Der Osten, seines Leistungssports beraubt, wunderte sich, dass es auch im Westen bergab ging. Die Führung unter Leichtathletik-Boss Idriss Gonschinska von 2012 bis Olympia 2024 in Paris brachte keinen Weg aus der Krise, nicht als Chef der Bundestrainer, von Oktober 2016 bis Januar 2019 nicht als leitender Direktor Sport des DLV, seit Januar 2019 als Generaldirektor des Deutschen Leichtathletik-Verbandes und heute als DLV-Vorstandsvorsitzender.
„Die Herstellung der deutschen Einheit erfolgte in einem rasanten Tempo. Fast nichts blieb im Osten so, wie es war. Die Menschen mussten ihren Alltag, ihr Leben von heute auf morgen komplett neu einrichten. Die sozialen Folgen waren enorm und sind im Westen bis heute meist unbekannt“. (Ilko-Sascha Kowalczuk 2024)
Meine Meinung
Deutsche Sporthochschule Leipzig
Wir brauchen für die umfassenden Aufgaben der Zukunft dringend Trainer und Schulsportlehrer. Der Abstieg der deutschen Leichtathletik seit 1992 beruht vor allem auf einem vernachlässigten Kinder-, Jugend- und Schulsport, ist aber auch ein Trainer-Qualitäts-Problem. Ausbildung, Angebot, Personalmangel, Finanzierung reichen für Olympiamedaillen, Konkurrenzfähigkeit gegen „die große Welt“ nicht.
Ein Fehler war auch die DHfK – die Deutsche Hochschule für Körperkultur – für die Ausbildung von Diplomsportlehrern für Leistungssport gegründet - aufzulösen.
Ich fand, auch aus heutigem Wissen und langjährigen Erfahrungen, meine 3 Jahre DHfK – Studium 1955-1957 als richtig gut. Anfang 1950 gegründet, war die DHfK ein wesentlicher Meilenstein der Trainerausstattung der 14 Sportclubs mit bis zu 224 hauptamtlichen Trainern pro Verein, wie beispielsweise beim SC Chemie Halle, deren Cheftrainer ich 3 Jahre war. Wahr ist auch, dass die Sporthochschule in Leipzig nie Teil der Dopingforschung des nahen, separaten FKS - Forschungsinstituts - war. Im wiedervereinigten Deutschland wurde sie mit Wirkung vom 1.Januar 1991 aufgelöst und als Nachfolgeeinrichtung 1993 als Fakultät der Universität Leipzig mit reduzierter Struktur als Sportwissenschaftliche Fakultät der Universität Leipzig (Bachelor und Master) angegliedert. Warum nur. Aus dem FKS wurde das IAT.
„In einem im Jahr 2009 herausgegebenen Aufsatz des Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) wurde die Auflösung der DHfK Leipzig rückblickend kritisch eingeordnet: „Noch heute unverständlich bleibt, weshalb eine im fachlichen Bereich auf hohem Niveau arbeitende und international anerkannte und hoch geschätzte Sportausbildungsinstitution wie die Leipziger Deutsche Hochschule für Körperkultur (DHfK) praktisch abgewickelt wurde, anstatt nach der Befreiung vom zweifellos vorhandenem ideologischen Ballast weiter für die Ausbildung qualifizierter Sportlehrkräfte und Trainer für das vereinte Deutschland zur Verfügung zu stehen.“
Heute wäre es, auf Grund der Leistungsverluste im letzten Jahrzehnt, sinnvoll und wünschenswert die noch vorhandenen Anlagen für die Ausbildung von Diplom-Trainern für den Leistungs- und Nachwuchsleistungssport in Deutschland und Schulsportlehrern als Deutsche Sporthochschule Leipzig mit einem neuen Qualitätsanspruch – auch in Konkurrenz zur DSHS Köln - wieder zu eröffnen. Aus seinem noch Bestand und zugleich seiner Lage wäre das besonders hilfreich für die 5 Ost-Bundes-Länder und deren Landes-Leistungszentren (siehe unten LZ).
Derzeit wäre auch, aus der Distanz betrachtet wünschenswert, wenn die ehemaligen Leistungszentren in ihren Landesverbänden (LZ) für die dringend notwendige Forcierung des „Leichtathletik-Leistungssports“ und Konzentration der Kräfte, unter Einbeziehung der Eliteschulen des Sports (auch ohne Vereinswechsel der Talente) Arbeitsschwerpunkte für die Länder würden. Eine Vernetzung, auch der Wettkampfsysteme, die bisher im Westen nicht gelang, wäre eine besonders hilfreiche Lösung.
• LZ Rostock und Neubrandenburg
• LZ Brandenburg/Berlin und Potsdam ´
• LZ Dresden und Chemnitz
• LZ Leipzig und Halle
• LZ Erfurt und Jena
Es ist lobenswert, dass inzwischen in Meck-Pom, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg / Berlin und Thüringen“ nicht nur gesät, sondern auch geerntet wird, die Trainer an Sportschulen und Vereinen zum Wohle unserer Leistungsentwicklung mit ihren Talenten in den Leichtathletik-Bestenlisten nach oben streben. Leistung entsteht durch „Mehr-Arbeit“ mit Talenten, Bedingungen, Fleiß, Erziehung, Disziplin, Härte und Siegeswillen. Da würde bestimmt auch ein „intern gemeinsames Beschleunigungsprogramm“ der 5 Länder helfen.
Unsere Presse sollte sich nicht lustig machen über das neueste Dekret von US-Präsident Trump „USA gesund“, über die Wiedereinführung einer verpflichtenden Testreihe, um die körperliche Fitness von Schulkindern: in einem Lauf über eine Meile, Sit-ups, einen Kurzstrecken-Sprint, Beweglichkeitstests, „Sit-and-Reach“, sowie wahlweise Liegestütze oder Klimmzüge, zu sichern. Auch für Deutschland wäre geförderter Kindersport, eine tägliche Schulsport-Stunde für unsere Kleinen, für die zukünftige Gesundheit und Leistungskraft unseres Landes, dringend.
Ein Rück- und Ausblick
-------------------------------------------------------------------
*Lothar Pöhlitz – Dipl.- Sportlehrer für Leistungssport / Trainer, Nachwuchs-Verbandstrainer, Cheftrainer, Sportwissenschaftler im WZ der DDR / 18 Jahre - 1980-1998 Sprinttrainer TSV Bayer Leverkusen, DLV-Bundestrainer Mittelstrecke – Langstrecke – Marathon / Olympia-Stützpunkt-Koordinator LGO Dortmund / 3 x Olympiatrainer für Deutschland 1984 in Los Angeles, 1988 in Seoul und 1996 in Atlanta / 4 Lauf-Fachbücher